„Mit ihren kritischen Schriften über die Mythen und Phantasmen und deren Wirkmächtigkeit für die polnische Identität und das Handeln von Akteur*innen in der Geschichte Polens, mit ihrer Rekonstruktion und Dekonstruktion des Messianismus und der Romantik in der polnischen Literatur sowie mit ihren Darstellungen der Ausgeschlossenen (Juden, Frauen und anderen) prägte sie mehrere Generationen der polnischen inteligencja.
Magdalena Marszałek  und Katrin Stoll diskutieren über Maria Janion als eingreifende Denkerin, ihre Bedeutung für die Entwicklung der modernen Geistes- und Kulturwissenschaften, über ihre Abrechnungen mit den fest im kollektiven Bewusstsein zementierten Mythen und Vorstellungen des Nationalen und nicht zuletzt darüber, warum Maria Janion im benachbarten Deutschland wenig bekannt ist. “

Mehr zur Person finden Sie – verfasst von Georgia Franzius –  auch auf der Seite der Berliner WeiberWirtschaft eG, deren Generalversammlung auf meine Initiative hin ein Büro nach Maria Janion benannt hat, um sie auch in Deutschland bekannter zu machen und zu ehren.

Prof. Dr. Maria Janion wurde 1926 in Monki, Ostpolen geboren. Sie studierte Polnische Philologie an den Universitäten in Lódz und Warschau. Zuletzt war Maria Janion Professorin am Institut für Literarische Forschungen der Polnischen Akademie der Wissen-schaften und Hochschuldozentin.

Im deutschsprachigen Raum (noch!) weniger bekannt, ist die Literaturwissenschaftlerin in Polen eine der unbestrittenen intellektuellen Autoritäten des Landes, die sich durch Denkschärfe, ein außerordentliches Wissen und immer wieder mutigen Stellungnahmen im gesellschafts-politischen Diskurs auszeichnet. So initiierte sie den „Brief der 100 Polinnen“, ein Protestschreiben, in dem hundert Frauen des öffentlichen Lebens in Polen gegen den zwischen Regierung und katholischer Kirche geschlossenen „Kuhhandel“ protestierten. Dieser sah vor, dass die Kirche auf dem Land für den EU-Beitritt Polens werben wollte, wenn die Regierung im Gegenzug nichts an der restriktiven Abtreibungsregelung ändere.
Auch in dem aktuellen Diskurs ist Janion mit einer starken Stimme vertreten und wird nicht müde, die rechtspopulistische Regierung und ihre minderheiten- und frauenfeindliche Politik zu kritisieren.

Von 1970 bis 1990 arbeitete Maria Janion an der Universität Danzig, wo sie das Konservatorium „Transgresje“ mitbegründete. Ab 1981 lehrte sie auch an
der Warschauer Universität. Von 1992 an war sie an der Schule für Gesellschaftswissenschaften beim Institut für Philosophie und Soziologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften tätig.
1977 begründete sie die Gesellschaft für wissen-schaftliche Kurse mit. Maria Janion gehört zu den hervorragendsten KennerInnen der polnischen und
europäischen Romantik. Sie ist Autorin vieler Publikationen zu diesem Thema.
Sie wurde u.a. mit folgenden Preisen bedacht:
1980 Preis der Jurzykowski-Stiftung New York, 1999 Großer Preis der Kulturstiftung, 2001 Wyka-Preis.
Im Jahre 1994 erhielt Prof. Maria Janion die Ehrendoktorwürde der Universität Danzig. Im August 2020 ist Maria Janion verstorben

Von Maria Janion in deutscher Sprache erschienen:
DIE KONTROLLIERTE FRAU – Ein Gespräch mit Maria Janion in „Jeszcze Polki nie zginely“ („Noch sind die Polinnen nicht verloren“ 12 Autorinnen aus Polen).
Dort schreibt Maria Janion über die Schwierigkeiten schreibender Frauen aus Polen, sich als Künstlerinnen durchzusetzen. Zu beziehen hier über die
Zeitschrift Wespennest. www.wespennest.at