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Gender Mainstreaming medial entdeckt ….

„Die Debatte in den Medien um Gender Mainstreaming zwischen Furcht, Feminismus und neuer F- Klasse“

Am Montag, den 5.2. 2007 luden das GenderkompetenzZentrum und seine Leiterin Prof. Dr. Susanne Baer ein, über den scharfen Wind gegen Gleichstellung und Feminismus in den deutschen Medien zu diskutieren. Meine ehemalige Mentee Anna Holz, Wissenschaftlich Mitarbeiterin an der Viadrina in Frankfurt an der Oder fasst Eindrücke dieser sehr interessanten Veranstaltung zusammen:

„Die Debatte in den Medien um Gender Mainstreaming zwischen Furcht, Feminismus und neuer F- Klasse“

Die Veranstaltung war in Fachkreisen angekündigt, aber nicht breit gestreut. Dennoch kamen mehr Menschen als Stühle vorhanden waren in den kleinen Raum und drängten sich auf dem Fußboden oder den Fensterbänken, um an dieser Diskussion teilzunehmen. Es kamen Junge und Alte, Männer und Frauen. Die Herkunft und das Milieu war wohl dennoch überwiegend akademisch/intellektuell und natürlich einschlägig feministisch oder geschlechterkritisch.

Zunächst wurden Motive für das Forum der Veranstaltungsreihe vorgestellt, der Ton in den Medien sei schärfer geworden, dies enthalte ggf. Tendenzen gegen die Gleichstellung in der Realität der bundesdeutschen und europäischen Politik.

Dabei werde eine Diskussion über biologistische Geschlechterunterschiede geführt und nicht über „Gender“ oder die tatsächlichen Diskriminierungen auf verschiedenen Feldern wie Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe usw. Warum wird primär das Geschlecht so massiv in den Medien bemüht? Stellt der Gegenwind die Mehrheitsmeinung dar oder handelt es sich um einzelne Phänomene und steckt etwas anderes dahinter?

Zunächst wurden die Contra und Pro Positionen der letzten Monate in den Medien noch einmal zusammengefasst vorgestellt. Angefangen hat alles mit Eva Hermans „Eva Prinzip“, dann folgte im Sommer 2006 die FAZ mit den Artikeln von Volker Zastrow („Politische Geschlechtsumwandlung“ und „Der kleine Unterschied“) und gipfelte Ende 2006 im Spiegel, als der Redakteur Pfister „Der neue Mensch“ und „Radikale Emanzen“ schrieb.

Beteiligt haben sich an der Schmutzkampagne aber auch die Junge Freiheit und ideaSpektrum. Positive Gegenpublikationen gab es in der Zeit, taz und sogar bei 3Sat. In den Beiträgen wurden Verschwörungstheorien, Bedrohungsszenarien, Verkürzungen und Entkontextualisierungen sowie die Diffarmierung von Einzelpersonen deutlich.

Als Kritikpunkte steckten in den Beiträgen die Vorwürfe des „bürokratischen Großprojekts“ und seiner technokratischen Umsetzung, der Geldverschwendung für absurde Projekte, der staatlichen Einmischung in die Privatsphäre im Sinne eines Erziehungsprogramms für einen neuen Menschen, der Abschaffung klassischer Rollen in Arbeit und Familie unter dem Vorwand der Arbeitspflicht, des Wahns der Gleichheit sowie der Abschaffung der natürlichen Geschlechterordnung und damit die Verbreitung der Ideologie der Vielgeschlechtlichkeit.

In der Diskussion wurde gefragt, ob die feministischen Ziele hinter Gender Mainstreaming verborgen geblieben seien. Viele Aktivistinnen, die diesen Fortschritt gefeiert haben, haben übersehen, dass das Konzept von „Gender“ und Gleichheit nicht wirklich angekommen ist und wenn zumeist mit arbeitsmarktökonomischen Inputs. Eine neue Politisierung des komplexen Themenbereichs sei daher nötig.

Es gibt, wie Susanne Baer es formulierte, viele Leerstellen zwischen verschiedenen Generationen und den verschiedenen Gruppen. Dies sei ein wichtige Aufgabe für die Gender Studies an den Hochschulen.

Als weitere Gründe, außer Vermittlungsproblemen, wurden Verteilungskämpfe sowie eine Unsicherheit der Geschlechtsidentitäten als Gründe für die angstgeleitete Kampagne genannt. Auch hier müsse man genauer hingucken, welche Diskurse die Bilder und Vorstellungen prägen. Sind es Machtpositionen, sind es Ideologiedebatten zwischen einem neuen Konservatismus der Intellektuellen und einer anti-neoliberalen linken Bewegung oder sind es schlicht Sehnsüchte nach privaten Rückzugsräumen ohne monetäre Sorgen? Welche Leitbilder werden von wem vertreten? Gibt es noch bekennende Feministinnen oder distanzieren sich plötzlich alle davon? Und vor allem sollten wir die Kluft zwischen der Rhetorik und der Realität im Auge behalten.

Am Ende melden sich auch die im Saal anwesenden Männer zu Wort und zeigen ihre Bereitschaft, zu kooperieren.

Ich selber finde, dass die Ziele und Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene konkretisiert werden müssen, in Zusammenarbeit mit Expertinnen der Politik, Wissenschaft aber auch Zivilgesellschaft. Daher finde ich so eine breite Medienkampagne, auch wenn sie provozierend und unfair geführt wird, gut für den Dialog zwischen den Akteurinnen.

Diese Kampagne greift über das sonst beschränkte Fachmilieu hinaus und provoziert viele Betroffene, sich selbst und die Situation zu Hause, am Arbeitsplatz usw. zu reflektieren und Stellung zu beziehen. Ich habe daher Hoffnung, dass als Antwort darauf neue Dynamik für gegenseitige Solidaritätsaktionen, Analysen und Diskussionen entsteht. Vieles, was als erreicht galt, ist offensichtlich nicht wirklich erreicht. .

Anna Holz